Beitrag
1 aus der Diskussionsgruppe
Von:Holger Voss (hvoss@muenster.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/26
On 26 Nov 1999 08:43:24 GMT, lutz@iks-jena.de (Lutz Donnerhacke) wrote:
>
>["Farbige", "Neger", "Nigger" usw.;
HV]
>
>An der Westküste der USA habe ich gelernt, daß man 'Neger'
als abwertend und
>'Nigger' als kollegial betrachtet. Zumindest untereinander.
Meines
Wissens: nur untereinander.
Das ist der Versuch, ein Schimpfwort (was "Neger" historisch
gesehen
nunmal ist) fuer sich selbst umzudefinieren. Aehnlich wie es z. B.
"Krueppel-Gruppen" in den 80ern in der BRD getan haben: Eine
sprachliche
Stigmatisierung wird duch Aneignung des Begriffes entkraeftet.
"Neger" ist m. E. nach wie vor ein rassistischer Begriff.
Wenn
ein Schwuler zu einem anderen augenzwinkernd sagt "Na, Du schwule
Sau", dann ist das eben etwas anderes, als wenn ein Hetero / eine
Hetera
einen Schwulen so anredet.
Weiteres
Beispiel: der Begriff "Hure". Im allgemeinen Sprachgebrauch
fast immer abwertend gebraucht, von Organisationen wie "Hydra"
selbstbewusst zur Eigendefinition umdefiniert.
Holger
--
Soldaten sind Moerder!
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2 aus der Diskussionsgruppe
Von:Holger Voss (hvoss@muenster.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/26
On
Fri, 26 Nov 1999 20:37:53 GMT, hvoss@muenster.de (Holger Voss) wrote:
>
> Das ist der Versuch, ein Schimpfwort (was "Neger" historisch
gesehen
>nunmal ist) fuer sich selbst umzudefinieren.
Ich
meinte "Nigger", nicht "Neger".
Holger
--
Soldaten sind Moerder!
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3 aus der Diskussionsgruppe
Von:Thorsten Kampe (thorsten_kampe@hotmail.com)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/27
>
Das ist der Versuch, ein Schimpfwort (was "Neger" historisch
gesehen
> nunmal ist) fuer sich selbst umzudefinieren.
> [...]
> "Neger" ist m. E. nach wie vor ein rassistischer Begriff.
"Neger"
war in ** Deutschland ** nie ein Schimpfwort bis einige
"Alternative" in den Achtzigern anfingen, dies zu behaupten.
Neger kommt
auch nicht von "Nigger", sondern von lateinisch "niger",
was nichts
anderes als "schwarz" heisst.
[Kleiner
Exkurs]
Der
Ablauf war hier, wie bei vielen anderen, folgendermaßen:
Erst
nimmt man ein Wort, daß von vielen schon seit langem benutzt wird.
(Zigeuner, Kambodscha, Lappen, Krueppel etc.)
Dann
behauptet man, dass
-
dies nicht die "richtige" Bezeichnung sei
(Kambodscha - Kamputschea)
-
die Gruppe sich selbst anders bezeichne
(Lappen - Samen, Eskimos - Inuit)
-
es als Schimpfwort gebraucht werde
(Zigeuner, Krueppel)
Nun
kann man all diejenigen, die diese Wörter bisher arglos benutzt
haben, pruegeln. "Weisst Du nicht, dass man nicht mehr XXX sagt?
XXX ist
eine Beleidigung."
Der
** Sinn ** dahinter ist schlicht und einfach: MACHT.
"ICH sage jetzt YYY statt XXX und ICH will, dass Du jetzt auch immer
YYY
sagst. Wenn nicht, dann gibt's Pruegel."
"Spring,
du Trottel und zwar gefaelligst, wohin und wann ICH es Dir sage!"
Natürlich
sind Krueppel verkrueppelt. Jetzt sagt man "behindert". Seit
einiger Zeit liest man oefters, Behinderte seien eigentlich nicht
behindert, sondern ** wuerden ** behindert. "Gib Pfoetchen, du Trottel!"
Auch
"Zigeuner" war nie ein Schimpfwort. Natuerlich gab es Leute,
die
Zigeuner nicht mochten und dann diese ** Bezeichnung_als_Beschimpfung
**
gebraucht haben. Wenn ich Beamte nicht mag, kann ich selbst das als
Beleidigung gebrauchen. Trotzdem ** ist ** "Beamter" keine Beleidigung.
Thorsten
Beitrag 4 aus der Diskussionsgruppe
Von:Hans Bonfigt (bonfigt.ses-koeln@t-online.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/27
Thorsten
Kampe wrote:
>
> Neger kommt auch nicht von "Nigger", sondern von lateinisch
"niger",
> was nichts anderes als "schwarz" heisst.
'Nigger'
duerfte allerdings die gleiche Wortwurzel haben.
Aber
_nichts_desto_trotz_ :
>
Natürlich sind Krueppel verkrueppelt. Jetzt sagt man "behindert".
> Seit einiger Zeit liest man oefters, Behinderte seien eigentlich
> nicht behindert, sondern ** wuerden ** behindert. "Gib Pfoetchen,
> du Trottel!"
Das
war seit langem ueberfaellig. Wodurch man alles zum Faschisten
stilisiert wird, und zwar von notorischen Flachpfeifen wie Burks,
Voss, etc., ist unertraeglich.
Das
Schlimme ist: Diese ganze Lamentiererei greift jetzt auch auf
_Inhalte_ ueber. Wenn jemand z.B. sagt, er koenne Schwule nicht
leiden, so ist er gleich ein Faschist. Zum Teufel ! Es ist das
gute und, so paradox es klingen mag, schuetzenswerte Recht eines
jeden Einzelnen, jemanden zu moegen oder nicht zu moegen, aus wel-
chen Gruenden auch immer. Erst, wenn derjenige ganz konkret et-
was gegen "Schwule" unternimmt, _dann_ kann man darueber diskutie-
ren, ob man von Faschismus reden kann.
Von irgendeiner bekannteren Persoenlichkeit, u.U. Oscar Wilde,
soll folgender Satz stammen:
"Es
ist schon schlimm genug, unter einer Diktatur der Unanstaendigen
zu leben.
Aber Gott schuetze uns vor der Diktatur der Anstaendigen !"
Gruss,
Hans Bonfigt
Beitrag 5 aus der Diskussionsgruppe
Von:Burkhard Schroeder (burks@BURKS.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/27
Berlin-Kreuzberg,
27.11.99
bonfigt.ses-koeln@t-online.de schrieb am 27.11.99:
>Es
ist das gute und, so paradox es klingen mag,
>schuetzenswerte Recht eines jeden Einzelnen,
>jemanden zu moegen oder nicht zu moegen, aus wel-
>chen Gruenden auch immer.
Sage
mir, wen du magst, und ich sage dir, wer du bist. Wen magst du sonst
nicht? Schwule, Neger, Juden...also Behinderte magst du auch nicht? Was
ist mit Zigeunern? Magst du Zigeuner?
BTW:
Oscar Wilde war schwul.
Burks
--
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Beitrag 6 aus der Diskussionsgruppe
Von:Burkhard Schroeder (burks@BURKS.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/28
Berlin-Kreuzberg,
28.11.99
Jan.Scholz@t-online.de schrieb am 27.11.99:
>Es
geht bestimmt darum, dass irgendwelche Leute versuchen, anderen
>ihre Weltanschauung aufzubuerden.
>
>Sowas finde ich laestig, obwohl ich diese Leute nicht unbedingt hasse.
Uneingeschränkte
Zustimmung. Wenn aber jemand öffentlich behauptet, er
möchte keine Juden, Zigeuer, Neger und Schwule, kann er diese
"Weltanschauung" gern haben und ich würde auch kläglich
scheitern, ihm
meine überzustülpen. Ich möchte aber, dass die Person wenigstens
das Maul
hält (keine konkrete Person gemeint), weil ich die Risiken und
Nebenwirkungen dieser Weltanschauung kenne.
Burks
--
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Beitrag 7 aus der Diskussionsgruppe
Von:Werner Michaelis (wmichaelis@gmx.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/28
Burkhard
Schroeder wrote:
> Jan.Scholz@t-online.de schrieb am 27.11.99:
> >Es geht bestimmt darum, dass irgendwelche Leute versuchen, anderen
> >ihre Weltanschauung aufzubuerden.
> >Sowas finde ich laestig, obwohl ich diese Leute nicht unbedingt
hasse.>
> Uneingeschränkte Zustimmung. Wenn aber jemand öffentlich
behauptet, er
> möchte keine Juden, Zigeuer, Neger und Schwule, kann er diese
> "Weltanschauung" gern haben und ich würde auch kläglich
scheitern, ihm
> meine überzustülpen. Ich möchte aber, dass die Person
wenigstens das Maul
> hält (keine konkrete Person gemeint), weil ich die Risiken und
> Nebenwirkungen dieser Weltanschauung kenne.
Damit
bedienst Du Dich einer Methode, die eben diese Weltanschaungen
auf das hervorragendste selbst kultiviert haben:
wer immer der h.M. nicht folgt, hat sein Recht auf Meinungsfreiheit
verwirkt.
Freiheit
ist immer die Freiheit der anders Denkenden.
(R. Luxemburg).
Die
Grenze ist allgemeines (Straf-)Recht, sonst nichts.
mfG
Werner Michaelis
Beitrag 8 aus der Diskussionsgruppe
Von:Burkhard Schroeder (burks@BURKS.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/28
Berlin-Kreuzberg,
28.11.99
wmichaelis@gmx.de schrieb am 28.11.99:
>wer
immer der h.M. nicht folgt, hat sein Recht auf Meinungsfreiheit
>verwirkt.
Das
meine ich nicht. "Maul halten" ist nur salopp formuliert. Meint:
derjenige merkt, dass alle anderen es nicht hören wollen und schweigt
deshalb. Nazis werden erst dann laut, wenn sie das Gefühl haben,
dass die
anderen denken, was sie sagen.
>Die
Grenze ist allgemeines (Straf-)Recht, sonst nichts.
Unstrittig.
Ich vertrete die amerikanische Version der Meinungsfreiheit.
Trotzdem darf ich meinen klammheimlichen Wunsch äussern, dass ich
es am
liebsten hätte, wenn Rassisten das Maul hielten.
Burks
--
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9 aus der Diskussionsgruppe
Von:Alexander Liedtke (ccl@munich.netsurf.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Datum:1999/11/29
Hi,
>
deshalb. Nazis werden erst dann laut, wenn sie das Gefühl haben,
dass die
> anderen denken, was sie sagen.
Nazis
sind dann laut wenn sie :
- besoffen sind
- im Rudel auftauchen
- im Rudel auftauchen und besoffen sind
Genau
genommen sind Nazis immer laut. Wären sie es nicht,
wären sie ein größeres Problem als sie es schon sind.
Alex
Beitrag 10 aus der Diskussionsgruppe
Von:Holger Voss (hvoss@muenster.de)
Betrifft:Re: Rassismus der Sprache
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Newsgroups:de.org.ccc
Datum:1999/11/30
On
Mon, 29 Nov 1999 08:54:30 +0100, Alexander Liedtke
<ccl@munich.netsurf.de> wrote:
>
>Nazis sind dann laut wenn sie :
>- besoffen sind
>- im Rudel auftauchen
>- im Rudel auftauchen und besoffen sind
Leider
gibt es nicht nur die kahlrasierten, Springerstiefel und
NATO-Schneetarnhose tragenden Saufkoepfe, die Klischee-Neonazis. Das
sind nur die Idioten, die sich leichtfertig in die Gefahr
strafrechtlicher Verfolgung und gesellschaftlicher Aechtung begeben.
Nazistische
Propaganda wie von Millionaer Frey, Nazismus-naher
Pseudo-Intellektualismus à la Junge Freiheit, rechtsradikale Positionen
wie bei den oesterreichischen "Freiheitlichen" oder bei der
BR-deutschen
CSU, Stammtisch-Rassismus usw. - das sind die Wurzeln, aus denen sich
Faschismus entwickelt.
Waeren es nur die sich-selbst-in-die-Hose-pissenden Idioten, die wir
(live oder am Fernsehschirm) in Rostock-Lichtenhagen gesehen haben -
alles waere viel einfacher!
Wie
heisst es bei Wolf Biermann:
"Der taegliche kleine Faschismus.
Der taegliche kleine Faschismus sieht
so urgemuetlich aus.
- so urgemuetlich aus."
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